Wenn sich jemand dafür interessiert, wie sich diese Gesprächsmethode, welche ich im
vorangehenden Blogeintrag beschrieben habe, in der Praxis aussieht, kann hier ein Transkriptionsausschnitt eines selbst geführten Beratungsgespräch mit einer angehenden Lehrerin lesen.
Ich habe das Beratungsgespräch mit einer Lehrerin, die in Ausbildung ist, vollzogen. Sie ist an der Pädagogischen Hochschule in Kreuzlingen für Unter- und Mittelstufe und sie hat schon einige Praktika hinter sich. Ich habe ihr zu Beginn folgende Frage gestellt: Was betrachtest du als schwierig oder als herausfordernd beim Unterrichten als Lehrerin? Welche Schwierigkeiten sind dir bei deinen Praktika begegnet? Erzähle mir über die pädagogischen Aufgaben, die du in deinem Beruf als Lehrerin bewältigen musst und welche Herausforderungen du dabei antriffst.
Das Gespräch habe ich auf Mundart durchgeführt, so dass sich meine Klientin wohler fühlen und offener ausdrucken konnte.
Klientin: Als schwirig find ich, das Bild,wo mer hützätag het vo de Lehrperson. Es isch eifach nüm eso… mer hät nüme so es guets Bild vo de Lehrperson. Wenn mer sait, mer wird Lehrerin „oh, mein Gott, wiä chan mer au“. Ich find das scho rächt schwirig für d’Usbildig und gad au wenn mer Lehrperson isch, find ich eifach, dass d’Eltere nüm so rächt hinder eim stönd, so richtig. Glichzietig münd äh… d’Eltere nöd abgeh, dass d’Lehrpersone d’Chinde erziehäd, wies eifach s’Gfühl händ, mer redet id Erziehig dri. Aber immer meh muss mer Ufgabe überneh, wo mit de Erziehig z’tuä hät. Dass’d Chinde i de Schule ässäd, zum Biespiel. Dass ähm…, dass mega viel münd Nachhilf neh, dass’d Lehrpersone eigentlich viel meh fördere münd. Eigentlich wär das alles d’Ufgab vo de Eltere.
Beraterin: Also du häsch s’Gfühl, d’Lehrerinne münd immer meh d’Erziehigsufgab überneh, was eigentlich meh de Eltere ihri Sach isch. Und dass du das au als sehr schwer empfindisch, will du stascch dene Chind viellicht au nöd so nöch wiä d’Eltere. Und es isch au, du häsch sust scho ä grossi Herusforderig als Lehrerin und das isch denn na so öpis Zuäsätzlichs. Und zuedem häsch du s’Gfühl, dass mer hüt fäng de Bruef immer, so allgemein, negativ wertäd. Verstan ich das Richtig?
Klientin: Ja, das isch s’Eintä. Vor allem au, ä Lehrperson, mer hät ä mega hochi Erwartig a Lehrpersonä. Wenn öpis nöd stimmt, dänn tuät’s mer grad mega kritisiere: „oh, diä chan ja nüt und das isch nöd guet und säb isch nöd guet“, aber glichzietig will mer de Lehrperon nöd d’Ufgab übergeh, also ja…
Beraterin: Und du häsch Angst, dass nöd chönä z’bewältige und dem nöd g’wachse z’sie.
Klientin: Ja, zum Eintä hät mer das scho, will mer weiss uf was eim da zuächunt. Und mer weiss au vo de Usbildig her, dass es mega viel verschiedeni Fächer sind, wo mer denn muss unterrichte. Und i jedem Fach muss mer Fachkompetänz ha, oder?! Und es sind 20 Chind. Jedes Chind chunt hützätag mit mega viel verschiedene Problem, also das sind Scheidigsgründ, äh Gschwüsterti zu de… vom Alter her… ähm wiä heissts… wiä ä Hierarchie, nei!... wiä sait mer dem?... Wiä älteri Gschüsterti zu de jüngere Gschüsterti sind. Ix Sache. Todesfäll, eifach alles. Und alles chunt i das Schuelzimmer innä. Und ä Lehrperson muss denn das bi all dene 20 Chind, das au gseh, und mit dem chöne umgah. Und das isch eifach au alles ä richtigi Herusforderig. Das find ich ä rächti Herusforderig.
Beraterin: Also du musch ähm quasi uf jedes einzelne Chind chöne individuell igah und diä Problem mit dene au chöne azgah und das isch ä Herusforderig wenn du 20 Chind häsch, wo du rächt schwirig findisch und ja…
Klientin: Ja und mer döff denn nöd eifach d’Eltere aklage oder ihne das direkt sägä, „mir isch das ufgfalle, da stimmt öpis nöd“. Du chasch quasi nöd id Erziehig vo de Eltere igriffä und trotzdem hät das en mega Ifluss uf’s Chind und uf’s Lerne.
Beraterin: Du musch extrem finfühlig si i dem.
Klientin: Ja, mer muss immer chli wüsse, wiä mer bi jedem Chind… jedes Chind isch individuell. So sind au d’Eltere, anderst immer, und mer muss halt bi jede Eltere wieder wüsse, wiä mer uf das igat, oder. Und ähm… Aber was ich weiss, was es grosses Problem isch oder es Alige vo de Eltere isch, dass sie wiä z’wenig Iblick id Schule selber händ. Also d’Chind chömed hai und händ diä und diä Ufzgi und oft chönd d’Eltere gar nüm helfe vo de Ziet her oder zum Teil au grad vo de Kompetänz her, oder, äh, sie händ kei Ahnig zum Teil meh und glichzietig verlangets dass’d Lehrperson em eigene Chind das mega guet chan bibringe. Aber mer hät ja 20 Chind und mer chan nöd uf jedes igah, mer will zwar uf jedes igah, aber mer hät diä Ziet mängisch au gar nöd.
Beraterin: D’Eltere stelled a dich au ä grossi Forderig, wo na en zuäsätzlichä Druck git und hützätag, das häsch du ja vorher mal gsait, dass’d Eltere sehr schlächt hinder dä Lehrpersonä stönd. Ich verstand, wenn du das als sehr schwirig betrachtisch. Denn es isch au ä grossi Leistig, vo dem du Respäkt döffsch ha.
Klientin: Ja das find ich scho. Zum grosse Teil isch s’Hauptproblem, dass mer d’Lehrperson nüm als autoritär alueget, de Respäkt fehlt eifach vor de Lehrperson. Und au grad weg em Zämmäschaffe, ich find eifach, da sött mer es guets Mittelmass finde zum mit de Eltere z’kommuniziere, dass eigentlich d’Förderig vom Chind immer besser wird. Es gat ja nur ums Chind. Ich will ja nöd d’Eltere fördere oder sie münd mich nöd über öpis ufkläre. Sondern es gat drum, zämmä en Weg z’finde zum s’Chind z’fördere und ich han s’Gfühl, dass isch eifach na chli… na so chli am tuä.
Beraterin: Di grösst Herusforderig isch würklich ä Zämmäarbät z’finde zwüsched Lehrperson und Eltere, aber das mer doch… das mer s’Chind guet unterstützt, aber doch nöd irgendwiä id Erziehig vo de Eltere wür igriffe, will das denn wieder zu grosse Problem fühere würd, will d’Eltere ja denn rächt abblocke würded.
Ich habe diesen Gesprächsteil ausgewählt, da er sehr reichhaltig an Informationen ist. Das Gespräch verlief zu beginn sehr flüssig. Die Klientin wusste viel zu erzählen und angagierte sich sehr. Nach 20 Minuten kam dann aber das Gespräch mehr und mehr ins Stocken. Deshalb beinhaltet diese Transkription einen Ausschnitt des Gesprächsanfangs.
Ich habe fortlaufend reflektiert, was sie erzählt hat und konnte es vermeiden Fragen zu stellen. Somit habe ich das
klientenorientierte Prinzip verfolgt. Ein einziges Mal fragte ich sie, ob ich ihre Aussagen richtig verstanden habe, was eigentlich nicht nötig gewesen wäre. Denn wenn ich etwas widersprüchliches sage, dass der Klientin nicht gefällt, wird sie mich korrigieren.
Ich lies die Klientin oft sehr lange sprechen, so dass es mir zum Teil schwer fiel, alles wiedergeben zu können. Ich habe mir während dem Gespräch keine Notizen gemacht, da ich dachte, dass es die Situation nur noch zusätzlich künstlicher erscheinen lassen würde und einen weiteren Störfaktor wäre. Ganz am Anfang kam meine Klientin auf die Eltern zu sprechen, die nicht mehr wirklich hinter der Lehrperson stehen. Ich habe dies nicht sofort gespiegelt, jedoch habe ich es später aufgegriffen, als sie nochmals auf die Forderungen der Eltern an die Lehrerin zu sprechen kam. So habe ich der Klientin gezeigt, dass ich ihr aufmerksam zuhöre und mich für ihre Probleme und Angelegenheiten interessiere. Niemals habe ich sie belehrt, kritisiert oder bedrängt. Ich habe ihr
aktiv zugehört und versucht, sie zu verstehen. Gegen Ende des Transkriptionsausschnittes sagte ich ihr, dass ich es verstehe, dass der Lehrberuf für sie mit Angst und Respekt verbunden ist. Ich vermittelte ihr dadurch, dass es eine grosse Leistung ist, diesen Beruf auszuüben und teilte ihr dadurch mein Verständnis und meine Empathie mit.
Hier noch ein
Beispiel von aktivem Zuhören. Dieser Baustein ist zentral für die Beratungsmethode nach dem klientenorientierten Prinzip.