Mittwoch, 28. Mai 2014

Flemo

Speziell im Berufsfachunterricht sind Schülerinnen und Schüler gefordert neues Wissen mit bisherigem zu verknüpfen und Transferleistungen zu ihrer Praxis zu erbringen. Um ihnen diese Verknüpfung leichter zu machen, kann das flexible Modellieren von Anschauungsmaterial sehr hilfreich sein. Mit Holz, Glas, Knete und Papier kann auch einfache Weise unterschiedliche Sachverhalte illustriert werden. Unterdessen hat die Methode des flexiblen Modellierens einen eigenen Namen bekommen: Flemo.

Flemo unterstützt das aktive und vernetzte Verarbeiten von Wissen. Es kann für sehr kurze Sequenzen von ca. 5min eingesetzt werden, sowie aber auch für länger bis 20min. Dabei wird ein Thema visualisiert bzw. eine externe Darstellung geschaffen, welche von den Lernenden verinnerlicht werden kann. Ziel dabei ist nicht ein schönes Modell oder Bild herzustellen, sondern der Fokus liegt auf dem Prozess. Denn Flemo macht folgende Schritte möglich:
- Darstellen
- Befragen
- Abläufe sichtbar machen
- Begriffe klären
- Allgemeine Prinzipien erkennen oder einen Plan erstellen

Des Weiteren besitzt Flemo ein paar spezielle Vorzüge:

- Nichtsprachlich
- Extern
- Veränderbar
- Gemeinsam bearbeitbar
- Kollaborativ
- Sichtbar

Flemo kann Vorwissen aktivieren, zusätzlich Wissen kann leicht erarbeitet werden und allgemeine Prinzipien können durch die Visualisierung erkennt werden.

Lehrpersonen, die einen aktivierenden Unterricht bevorzugen, werden diese Methode sicherlich gern einmal ausprobieren. Jedoch ist zu bedenken, dass es nicht für alle Lerntypen gleich geeignet ist. Lerntypen, welche nicht textlastig lernen, sondern lieber Texte in der Gruppe besprechen und als Bild oder Schema darstellen, ist es genau das Richtige. Denn Flemo verlangt gute Zusammenarbeit und einen regen Austausch. Jedoch verlangt es auch ein gutes Abstraktionsvermögen, welches nicht allen gleich leicht fällt. Es gibt Lerntypen, die es bevorzugen einen Text für sich alleine lesen zu können.

Einen weiteren Vorteil bringt Flemo mit sich, dass die Lehrperson schnell erkennt, was von den Lernenden verstanden wurde und was noch problematisch ist. Denn Wissen kann nur konstruiert werden, wenn es auch wirklich verstanden wurde. Im Allgemeinen ist beim Arbeiten mit Flemo eine stark erhöhte Aktivität der Lernenden zu beobachten. 

Quelle: Grassi, Adreas und Künzel, Manfred: Lernen heisst, ein eigenes Bild erschaffen. Folio Nr. 1/2010, S. 34-37.

Wir haben in der Allgemeinen Didaktik auch bereits einmal mit Flemo gearbeitet. Es kann Spass bereiten, da man damit sehr spielerisch an ein Thema herangehen kann. Zum Beispiel für die Planung einer grösseren Projektarbeit kann es sehr hilfreich sein. Mit Flemo kann schnell einen Überblick geschaffen und Verknüpfungen hergestellt werden. Auch um Vorwissen zu aktivieren halte ich diese Methode als sehr gewinnbringend. Jedoch ist es nicht für jeden Unterrichtsstoff geeignet, da es auch viel Zeit in Anspruch nimmt. Der Einsatz muss gezielt geplant werden.

Donnerstag, 22. Mai 2014

Beratungsgespräch mit einer Lehrperson

Wenn sich jemand dafür interessiert, wie sich diese Gesprächsmethode, welche ich im vorangehenden Blogeintrag beschrieben habe, in der Praxis aussieht, kann hier ein Transkriptionsausschnitt eines selbst geführten Beratungsgespräch mit einer angehenden Lehrerin lesen. 

Ich habe das Beratungsgespräch mit einer Lehrerin, die in Ausbildung ist, vollzogen. Sie ist an der Pädagogischen Hochschule in Kreuzlingen für Unter- und Mittelstufe und sie hat schon einige Praktika hinter sich. Ich habe ihr zu Beginn folgende Frage gestellt: Was betrachtest du als schwierig oder als herausfordernd beim Unterrichten als Lehrerin? Welche Schwierigkeiten sind dir bei deinen Praktika begegnet? Erzähle mir über die pädagogischen Aufgaben, die du in deinem Beruf als Lehrerin bewältigen musst und welche Herausforderungen du dabei antriffst.

Das Gespräch habe ich auf Mundart durchgeführt, so dass sich meine Klientin wohler fühlen und offener ausdrucken konnte.

Klientin: Als schwirig find ich, das Bild,wo mer hützätag het vo de Lehrperson. Es isch eifach nüm eso… mer hät nüme so es guets Bild vo de Lehrperson. Wenn mer sait, mer wird Lehrerin „oh, mein Gott, wiä chan mer au“. Ich find das scho rächt schwirig für d’Usbildig und gad au wenn mer Lehrperson isch, find ich eifach, dass d’Eltere nüm so rächt hinder eim stönd, so richtig. Glichzietig münd äh… d’Eltere nöd abgeh, dass d’Lehrpersone d’Chinde erziehäd, wies eifach s’Gfühl händ, mer redet id Erziehig dri. Aber immer meh muss mer Ufgabe überneh, wo mit de Erziehig z’tuä hät. Dass’d Chinde i de Schule ässäd, zum Biespiel. Dass ähm…, dass mega viel münd Nachhilf neh, dass’d Lehrpersone eigentlich viel meh fördere münd. Eigentlich wär das alles d’Ufgab vo de Eltere.

Beraterin: Also du häsch s’Gfühl, d’Lehrerinne münd immer meh d’Erziehigsufgab überneh, was eigentlich meh de Eltere ihri Sach isch. Und dass du das au als sehr schwer empfindisch, will du stascch dene Chind viellicht au nöd so nöch wiä d’Eltere. Und es isch au, du häsch sust scho ä grossi Herusforderig als Lehrerin und das isch denn na so öpis Zuäsätzlichs. Und zuedem häsch du s’Gfühl, dass mer hüt fäng de Bruef immer, so allgemein, negativ wertäd. Verstan ich das Richtig?

Klientin: Ja, das isch s’Eintä. Vor allem au, ä Lehrperson, mer hät ä mega hochi Erwartig a Lehrpersonä. Wenn öpis nöd stimmt, dänn tuät’s mer grad mega kritisiere: „oh, diä chan ja nüt und das isch nöd guet und säb isch nöd guet“, aber glichzietig will mer de Lehrperon nöd d’Ufgab übergeh, also ja…

Beraterin: Und du häsch Angst, dass nöd chönä z’bewältige und dem nöd g’wachse z’sie.

Klientin: Ja, zum Eintä hät mer das scho, will mer weiss uf was eim da zuächunt. Und mer weiss au vo de Usbildig her, dass es mega viel verschiedeni Fächer sind, wo mer denn muss unterrichte. Und i jedem Fach muss mer Fachkompetänz ha, oder?! Und es sind 20 Chind. Jedes Chind chunt hützätag mit mega viel verschiedene Problem, also das sind Scheidigsgründ, äh Gschwüsterti zu de… vom Alter her… ähm wiä heissts… wiä ä Hierarchie, nei!... wiä sait mer dem?... Wiä älteri Gschüsterti zu de jüngere Gschüsterti sind. Ix Sache. Todesfäll, eifach alles. Und alles chunt i das Schuelzimmer innä. Und ä Lehrperson muss denn das bi all dene 20 Chind, das au gseh, und mit dem chöne umgah. Und das isch eifach au alles ä richtigi Herusforderig. Das find ich ä rächti Herusforderig.

Beraterin: Also du musch ähm quasi uf jedes einzelne Chind chöne individuell igah und diä Problem mit dene au chöne azgah und das isch ä Herusforderig wenn du 20 Chind häsch, wo du rächt schwirig findisch und ja…

Klientin: Ja und mer döff denn nöd eifach d’Eltere aklage oder ihne das direkt sägä, „mir isch das ufgfalle, da stimmt öpis nöd“. Du chasch quasi nöd id Erziehig vo de Eltere igriffä und trotzdem hät das en mega Ifluss uf’s Chind und uf’s Lerne.

Beraterin: Du musch extrem finfühlig si i dem.

Klientin: Ja, mer muss immer chli wüsse, wiä mer bi jedem Chind… jedes Chind isch individuell. So sind au d’Eltere, anderst immer, und mer muss halt bi jede Eltere wieder wüsse, wiä mer uf das igat, oder. Und ähm… Aber was ich weiss, was es grosses Problem isch oder es Alige vo de Eltere isch, dass sie wiä z’wenig Iblick id Schule selber händ. Also d’Chind chömed hai und händ diä und diä Ufzgi und oft chönd d’Eltere gar nüm helfe vo de Ziet her oder zum Teil au grad vo de Kompetänz her, oder, äh, sie händ kei Ahnig zum Teil meh und glichzietig verlangets dass’d Lehrperson em eigene Chind das mega guet chan bibringe. Aber mer hät ja 20 Chind und mer chan nöd uf jedes igah, mer will zwar uf jedes igah, aber mer hät diä Ziet mängisch au gar nöd. 

Beraterin: D’Eltere stelled a dich au ä grossi Forderig, wo na en zuäsätzlichä Druck git und hützätag, das häsch du ja vorher mal gsait, dass’d Eltere sehr schlächt hinder dä Lehrpersonä stönd. Ich verstand, wenn du das als sehr schwirig betrachtisch. Denn es isch au ä grossi Leistig, vo dem du Respäkt döffsch ha. 

Klientin: Ja das find ich scho. Zum grosse Teil isch s’Hauptproblem, dass mer d’Lehrperson nüm als autoritär alueget, de Respäkt fehlt eifach vor de Lehrperson. Und au grad weg em Zämmäschaffe, ich find eifach, da sött mer es guets Mittelmass finde zum mit de Eltere z’kommuniziere, dass eigentlich d’Förderig vom Chind immer besser wird. Es gat ja nur ums Chind. Ich will ja nöd d’Eltere fördere oder sie münd mich nöd über öpis ufkläre. Sondern es gat drum, zämmä en Weg z’finde zum s’Chind z’fördere und ich han s’Gfühl, dass isch eifach na chli… na so chli am tuä.

Beraterin: Di grösst Herusforderig isch würklich ä Zämmäarbät z’finde zwüsched Lehrperson und Eltere, aber das mer doch… das mer s’Chind guet unterstützt, aber doch nöd irgendwiä id Erziehig vo de Eltere wür igriffe, will das denn wieder zu grosse Problem fühere würd, will d’Eltere ja denn rächt abblocke würded.

Ich habe diesen Gesprächsteil ausgewählt, da er sehr reichhaltig an Informationen ist. Das Gespräch verlief zu beginn sehr flüssig. Die Klientin wusste viel zu erzählen und angagierte sich sehr. Nach 20 Minuten kam dann aber das Gespräch mehr und mehr ins Stocken. Deshalb beinhaltet diese Transkription einen Ausschnitt des Gesprächsanfangs. 
Ich habe fortlaufend reflektiert, was sie erzählt hat und konnte es vermeiden Fragen zu stellen. Somit habe ich das klientenorientierte Prinzip verfolgt. Ein einziges Mal fragte ich sie, ob ich ihre Aussagen richtig verstanden habe, was eigentlich nicht nötig gewesen wäre. Denn wenn ich etwas widersprüchliches sage, dass der Klientin nicht gefällt, wird sie mich korrigieren. 
Ich lies die Klientin oft sehr lange sprechen, so dass es mir zum Teil schwer fiel, alles wiedergeben zu können. Ich habe mir während dem Gespräch keine Notizen gemacht, da ich dachte, dass es die Situation nur noch zusätzlich künstlicher erscheinen lassen würde und einen weiteren Störfaktor wäre. Ganz am Anfang kam meine Klientin auf die Eltern zu sprechen, die nicht mehr wirklich hinter der Lehrperson stehen. Ich habe dies nicht sofort gespiegelt, jedoch habe ich es später aufgegriffen, als sie nochmals auf die Forderungen der Eltern an die Lehrerin zu sprechen kam. So habe ich der Klientin gezeigt, dass ich ihr aufmerksam zuhöre und mich für ihre Probleme und Angelegenheiten interessiere. Niemals habe ich sie belehrt, kritisiert oder bedrängt. Ich habe ihr aktiv zugehört und versucht, sie zu verstehen. Gegen Ende des Transkriptionsausschnittes sagte ich ihr, dass ich es verstehe, dass der Lehrberuf für sie mit Angst und Respekt verbunden ist. Ich vermittelte ihr dadurch, dass es eine grosse Leistung ist, diesen Beruf auszuüben und teilte ihr dadurch mein Verständnis und meine Empathie mit.

Hier noch ein Beispiel von aktivem Zuhören. Dieser Baustein ist zentral für die Beratungsmethode nach dem klientenorientierten Prinzip.

Pädagogische Beratung

Es ist nicht das erste Mal, dass ich in meiner Ausbildung mit dem Thema "Beratung" in Kontakt komme. In meinem Bachelor-Studium habe ich verschiedene Seminare und Blockkurse zur pädagogischen Beratung und Erziehungsberatung absolviert. Ich möchte hier an dieser Stelle eine weitere Möglichkeit von Beratung präsentieren, welche sich in vielen Hinsichten von der lösungsorientierten Beratung unterscheidet. 

Kommunikative Grundfertigkeiten der pädagogischen Beratung nach dem klientenorientierten Prinzip


Baustein: Zuhören
In einem Alltagsgespräch werden die Rollen „Sprecher“ und „Zuhörer“ fortwährend getauscht. Meist wird dies von den Gesprächspartnern gar nicht bemerkt. Diese Art und Weise von Kommunikation wird Pingpong-Gespräch genannt. Dabei werden Erlebnisse und Fakten ausgetauscht, Interpretationen und Ratschläge geliefert, Fragen gestellt sowie Wertungen ausgesprochen. In einem Beratungsgespräch sollte dies jedoch vermieden werden. Die Rollen sind hier nun deutlich zugewiesen. Der Berater hat die Aufgabe, dem Klient geduldig zuzuhören und ihn nicht zu unterbrechen. Eigene Meinungen oder Sichtweisen des Beraters haben in einem Beratungsgespräch keinen Platz, denn der Berater sollte seine spontanen Reaktionen kontrollieren und zurückhalten. Es handelt sich vielmehr um ein aktives, personen- und themenzentriertes Zuhören. Dennoch sollte der Berater nicht einfach stumm dort sitzen und unbeteiligt wirken, sondern er kann durch non-verbale Signale, wie Gestik, Mimik und Blickkontakt oder durch zustimmende Worte, wie zum Beispiel „ja“ oder „mhmm“ seine Beteiligung ausdrücken. Das Zuhören ist ein grundlegender Baustein der Kommunikation und der Beratung.

Baustein: Widerspiegeln 
Beim Widerspiegeln ist es von Bedeutung, dass man dem Klient mit voller Konzentration zuhört. Die gewichtigsten Aussagen und Inhalte, die wir unter „Schlüsselbegriffe“ zusammenfassen, müssen vom Berater herausgehört werden, so dass er sie dem Klient widerspiegeln kann. Beim Widerspiegeln kann entweder nur der inhaltliche und sachlichen Anteil widergegeben werden oder der gefühlsmässige. Das Erste nennen wir Paraphrasieren, das Zweite Verbalisieren. Beim Paraphrasieren werden die Inhalte des Klienten mit den eigenen Worten des Beraters nochmals wiederholt, zusammengefasst und geordnet. Beim Verbalisieren wird oftmals auch einen Zusatz geliefert, da der Berater aus den Aussagen des Klienten, seine sensiblen Gefühle wahrgenommen hat. 
Durch das Widerspiegeln hört der Klient seine Aussagen nochmals und kann dadurch besser reflektieren, gegebenenfalls sogar noch Korrekturen und Präzisierungen anbringen. Wenn man Inhalte durch andere Worte zu Ohr bekommt, gewinnt man zum Teil neue Einsichten. Zudem wird der Klient beim Verbalisieren, mit den verbundenen Gefühlen der ausgesprochenen Inhalte konfrontiert. Es werden Emotionen ins Bewusstsein des Klienten zurückgeholt, zum Teil kommt der Klient sogar mit unbewussten und verdrängten Gefühlen wieder in Kontakt. 

Baustein: Gesprächsstörer vermeiden
Gesprächsstörer können die ganze Kommunikation zerstören, da die Beziehung zwischen dem Berater und dem Klient gestört wird. Gesprächsstörer sind direkte Fragen, ausfragen, bewerten, Stellungnahmen abgeben, Ursachen aufzeigen, diskutieren, Ratschläge und Lösungen geben, von sich reden oder herunterspielen. Durch das direkte Fragen stellen oder durch das Ausfragen empfindet der Klient die Situation, als wäre er in einer Prüfung oder in einem Verhör. Somit fühlt er sich vielleicht eingeschränkt und gestört seine Probleme ausführlich darzulegen. Die Neugier und das Interesse des Beraters müssen hier gezügelt werden. Wenn der Berater seine Meinung, Stellung oder Wertung abgibt, ist der Klient schnell dazu geneigt, sich rechtfertigen zu müssen und sieht sich dem Berater unterlegen. Beim diskutieren oder Ursachen aufzeigen besteht die Gefahr, dass sich der Klient hilflos und wie in eine „Schublade gesteckt“ fühlt. Solche Gesprächsstörer sollten unbedingt vermieden werden, sonst fühlt sich der Klient unwohl, unverstanden, nicht ernst genommen und hat schliesslich keine Lust mehr weiter zu erzählen, da ihm die nötige Sicherheit entrissen wurde. Die Vertrauensbeziehung in einem pädagogisch-therapeutischen Gespräch ist absolut fundamental für eine Entwicklung und für einen Erfolg. 

Diese drei Bausteine sind für mich die bedeutendsten. Das aktive Zuhören dient dazu, dass der Berater überhaupt in die Problematik eingeführt wird und dass er sie sich einprägen kann. Wenn diese Beratungssituation nicht hergestellt werden kann, hat der Klient wahrscheinlich gar nicht das Vertrauen und somit nicht den Mut, sich dem Berater zu öffnen. Das bringt mich schon weiter zum zweiten Baustein. Gesprächsstörer können einen Klienten regelrecht aus der Bahn werfen, vertreiben und verstören. Wenn diese nicht vermieden und der Situation angepasst werden, kann überhaupt keine Beziehung zwischen Berater und Klient hergestellt werden. Sich entsprechend zu verhalten drückt nämlich auch Empathie, Akzeptanz und Echtheit aus. Diese drei Eigenschaften sind nicht wegzudenken in der pädagogischen Beratung, da sie die Beziehungsbasis schaffen.
Einzig und allein durch das Zuhören des Beraters hat der Klient noch nicht sehr viel profitiert. Er kann sich zwar die Probleme von der Seele reden, jedoch müsste er deswegen keine Beratung besuchen, sondern könnte auch zu einem guten Kolleg oder Kollegin gehen. Der Berater widerspiegelt jedoch dem Klienten seine Inhalte, so dass er seine Probleme aus einer anderen Perspektive hört. Vor allem durch das Verbalisieren werden dem Klient Gefühle und Emotionen bewusst, die ihm vorher verschlossen blieben. Durch das Widerspiegeln wird der Klient bei seinem Problemlösungsfinden kompetent begleitet. Der Berater ist nicht dazu da, vorgefertigte Lösungen dem Klienten vorzulegen, sondern ihn bei seinem Genesungsprozess zu unterstützen. Am Ende muss jedoch der Klient seine Probleme selbst bewältigen können. Es ist Hilfe zur Selbsthilfe! 
Meiner Meinung nach, kann ein Klient vom Widerspiegeln sehr viel profitieren. Die Voraussetzungen für ein kompetentes Widerspiegeln sind aktives Zuhören und Störfaktoren aus dem Weg räumen. Deshalb sind diese drei Bausteine für mich sehr elementar, voneinander abhängig und nicht wegzudenken für ein gelungenes Beratungsgespräch.

Spannend finde ich, dass bei dieser Methode das Fragen als Störfaktor angesehen wird, bei der lösungsorientierten Beratung das bewusste und gezielte Fragen Schwerpunkt der Beratung darstellt. So wird ersichtlich, dass es nicht die richtige Variante für gelungene Beratung gibt, sondern je nach Ziel und Absicht mit verschiedenen Methoden gearbeitet werden kann.

Freitag, 16. Mai 2014

Fallstudie

Was ist eine Fallstudie?
Eine Fallstudie ist vergleichbar mit einem Schauspiel, über das im Anschluss diskutiert und somit auch ausgewertet wird. Es wird von einer Situation oder einem (Problem-)Fall ausgegangen, in der bzw. dem die Personen im Rahmen ihrer zugewiesenen Rollen eine Lösung erarbeiten. Das Ziel ist das Finden einer Lösung für ein Problem, welches bisher nicht oder nur unzureichend beobachtet werden konnte. Fallstudien können in unterschiedlichen Kontexten genutzt werden, so zum Beispiel für empirische oder qualitative Sozialforschung, im Bereich der medizinischen Forschung, im handlungs- und entscheidungsorientierten Unterricht oder im Personalauswahlverfahren. 
Durch die Methode der Fallstudie wird ein Gegenstand bzw. ein Thema sehr genau beschrieben, um ein ganzheitliches Verständnis des Untersuchungsgegenstandes unter Einbeziehung von vielen als relevant erkannten Variablen zu erlangen. Dazu ist eine genaue Beobachtung gefordert. 

Wie kann eine Fallstudie im Unterricht eingebracht werden?
Um den Unterricht zu bereichern, werden häufig Fallstudien eingesetzt. Die Lösung wird dabei meist offen gelassen, da die Lernenden selbst ein plausibles Ergebnis erarbeiten sollen. Eine weitere Variante der Fallstudie ist im Unterricht möglich: Die Lösung wird mitgeliefert und die Lernenden sollten anhand von Diskussionen über den Sachverhalt zu einer alternativen Lösung gelangen. Indem im Unterricht eine Situation und ihre Einflussfaktoren präsentiert wird, kann eine aktive Auseinandersetzung mit den Inhalten als auch konkretes Handeln der Jugendlichen gefördert werden. 

Es kann zwischen verschiedenen Fallarten unterschieden werden:
- Problemfindungsfall
- Beurteilungsfall
- Entscheidungsfall
- Untersuchungsfall
- Informationsfall

Welche Kompetenzen werden durch das Bearbeiten von Fallstudien im Unterricht gefördert?
- Empathie: Es ist wichtig, dass man sich in andere Personen hineinversetzten kann
- Perspektivenwechsel: Wenn man einen (Problem-)Fall lösen möchte, sollte man ein Thema aus verschiedenen Perspektiven und Blickwinkel beleuchten und betrachten
- Feedback geben können
- Argumentationsfähigkeit

Welche konkreten Einsätze von Fallstudien sind im Deutschunterricht denkbar?
Thematiken in Lektüren sind für die SuS nicht immer leicht verständlich. Die Figuren in einem Werk handeln vielleicht nicht so, wie man selbst in dieser Situation handeln würde. Dabei kann eine Fallstudie nützlich sein, indem eine konkrete Situation aus einer Lektüre nachgespielt. Im Anschluss kann darüber diskutiert werden, wieso die Protagonisten auf ihre Weise gehandelt haben und wie man selbst in dieser Situation reagieren würde. 
Auch andere Diskussionsthemen bzw. aktuelle Themen, welche im Unterricht behandelt werden, können anhand einer Fallstudie aufarbeitet werden (z.B. als Vorbereitung auf ein Erörterungsaufsatz). So kann ein Thema von den SuS besser nachvollzogen werden. 
Auf der Sekundarstufe I werden die Lernenden auch auf das Berufsleben vorbereitet. Um überhaupt herauszufinden, welchen Beruf man gerne ausüben möchte, kann eine Fallstudie auch hilfreich sein. Viele Informationen werden dadurch zusammengetragen und auf spielerische Art und Weise vorgetragen  (Poster und Rollenspiel). 

Hierzu ein paar Beispiele:




Montag, 12. Mai 2014

Stellwerk8 versus Multicheck / Basic-check

Die Bewertung von schulischen Leistungen hängt sehr stark von der Schule und der Lehrperson ab und eine Willkür bei der Notensetzung wird oftmals kritisiert. Darum wurde ein einheitliches Beurteilungsinstrument von Lehrbetrieben gefordert. Dies wird nun anhand Leistungstests umgesetzt, welche die Lernenden absolvieren müssen, um die schulische Leistung von zukünftigen Berufslernenden besser mit einander vergleichen zu können.
Abhängig von der Berufswahl werden unterschiedliche Anforderungen an die Lernenden gestellt. Um die Berufswahl für Lernende einerseits und die Lehrlingswahl für Lehrbetriebe andererseits zu erleichtern, gibt es Stellwerk8. Folgende Informationen konnte ich der Stellwerk Homepage entnehmen: "In Zusammenarbeit mit dem Amt für Berufsbildung St. Gallen, Expertinnen und Experten verschiedener Berufsverbände und Fachlehrpersonen entstehen laufend neue Profilvorgaben von Lehrberufen. Auf der Basis des Stellwerk-Leistungsprofils werden die schulischen Anforderungen verschiedener Lehrberufe definiert. Ziel ist es, interessierten Personen eine Orientierungshilfe zu den Lehrberufen zu geben:
- Lernende, Lehrpersonen, Eltern und Berufsberatungen nutzen die Profile als Unterstützung bei der Berufswahl
- Lehrbetriebe, Ausbildnerinnen und Ausbildner erhalten hinweise zum schulischen Leistungsvermögen beim Vergleich der Stellwerk-Profils mit den Profilvorgaben des Lehrberufs."

Wie funktioniert der Test? Die Lernenden bearbeiten online Aufgaben bezüglich Mathematik, Deutsch, Natur und Technik, Französisch und Englisch. Zusätzlich wird das Vorstellungsvermögen, TLV und PSM getestet. (Kann mir hier jemand weiterhelfen: Was heisst TLV und PSM?)
Nachdem der Test bearbeitet wurde, ermittelt Stellwerk den Lernenden ein Leistungsprofil. Dieses Profil hat die Funktion einer Standortbestimmung, da es die Stärken und Schwächen eines Lernenden aufzeigt. Welchen Nutzen hat dies? Indem die Schülerinnen und Schüler ihre Stärken und Schwächen kennen, können sie ihr weiteres Lernen planen. Fragen wie, "In welchen Bereichen bist du mit deinem aktuellen Leistungsstand zufrieden? Wo sind Mängel zu beheben? In welchen Fach- und Teilbereichen willst du deine Leistung verbessern?" können gestellt werden. Stellwerk unterstützt Lernende ihre Zukunft zu planen.

Wir haben bei der Exkursion bei Stadler Rail erfahren, dass dieser Test für die Lernenden gratis ist, da er von den Schulen (Oberstufen) finanziert wird. Dies stellt ein grosser Vorteil gegenüber anderen Vergleichstests dar, wie beispielsweise Multicheck oder Basic-check. Für diese Tests muss der Lernende bzw. die Eltern selbst aufkommen. Kostenpunkt liegt ca. bei CHF 100.- bis CHF 120.-.



Donnerstag, 8. Mai 2014

Stadler Rail

Stadler Rail ist ein Montagebetrieb, welche seit der Gründung des ersten Ingenieurbüros 1942 einen grossen Wachstum erleben durfte. Heute hat Stadler Rail über 6000 Mitarbeiter weltweit und einen Umsatz von 1,8 Milliarden jährlich. Erstaunlich erachte ich die relativ tiefe Zahl an Lernenden. Im Hauptsitz der Firma Stadler Rail AG in Bussnang arbeiten 63 Lernende. Ihre Lehrzeit beträgt zwischen drei und vier Jahren.

Stadler Rail AG Bussnang, Quelle: http://www.stadlerrail.com/de/portrait/

Bei unserem Besuch in Bussnang mit der PHTG wurde uns detaillierte Informationen über Stadler Rail als Lehrbetrieb geboten. Angaben zu Erwartungen, Anforderungen, Einstellungskriterien und Aufgaben während der Lehrzeit wurden uns präsentiert. Diese möchte ich hier kurz präsentieren:

Erwartungen:
- Offenheit
- Ehrlichkeit
- Interesse
- Zuverlässigkeit
- Lernbereitschaft
- Durchhaltewille
- Anstand

Roger Hehli, verantworlicher Berufsbildner, hat betont, dass ihnen der freundliche Umgang besonders am Herzen liegt. Es wird gegrüsst, sich bedankt, Fragen gestellt und verabschiedet. Damit kann schon viel bewirkt werden. Auch der Durchhaltewille ist ihm extrem wichtig und zitierte dazu den amerikanischen Erfinder Thomas Alva Edision (1847-1931) "Erfolg hat nur, der etwas tut, während er auf den Erfolg wartet".

Einstellungskriterien:
- persönlicher Eindruck
- Schnupperlehre
- Bewerbung
- Sekundarzeugnis
- Stellwerk8
- Multicheck / Basic-check
- Referenzen

Bei der Einstellung eines Lehrlings sei für ihn das Bauchgefühl das entscheidendste. Um sein "Bauchgefühl" richtig einschätzen zu können, geht er jeweils die Lernenden in der Schule besuchen, was er als eine sehr hilfreiche Methode erachtet. So lernt er die Lernenden in einem weiteren Kontext kennen, kann sich selber ein Bild von ihnen machen und muss sich nicht auf Aussagen von Lehrkräften beruhen und zeigt den Lernenden sein Interesse.

Spannend fand ich die enge Zusammenarbeit mit den Eltern. Roger Hehli ist es bedeutsam, dass mit den Eltern an einem Stick gezogen wird. Deshalb hat die Firma Stadler Rail auch Anforderungen an die Eltern formuliert: Sie sollen unterstützen, informieren, helfen, beraten, kontrollieren und hartnäckig sein.

Ist ein Lernender bei Stadler Rail eingestellt worden, hat er während seiner Lehrzeit verschiedene Arbeiten zu erledigen.
- auf LAP vorbereiten
- Vorträge halten (z.B. vor CEO und ihm seine Aufgaben erklären)
- Berufsinformationen für Schülerinnen und Schüler zusammenstellen
- schriftliche Arbeiten
- Firmenvorstellung
- Nachhilfeunterricht
- Lern- und Leistungsdokumentation

Der Nachhilfeunterricht läuft zwischen Ober- und Unterstiften ab. Die Unterstiften dürfen bei Fragen oder Problemen Oberstiften anfragen, die ihnen bezahlt Nachhilfeunterricht leisten. Es ist eine Win-Win-Situation, da auch die Oberstifte durch den Nachhilfeunterricht den Stoff für die LAP auffrischen und repetieren können.
Die verschiedenen Arbeiten dienen den Lernenden, dass sie selber engagiert sind und sich auch vor wichtigen Personen (CEO) profilieren können. Dabei wurde auch betont, dass Stadler Rail nicht gehorsame Lehrlinge ausbilden will, sondern Lernende, welche selber mitdenken. Das sei viel entscheidender, denn auch ein Vorgesetzter kann einen Auftrag einmal falsch herausgeben. So ist es wichtig, dass jeder mitdenkt und nicht unüberlegt ausführt, was ihm aufgetragen wurde.

Bei Stadler Rail muss jeder die BM-Aufnahmeprüfung ablegen. Ob sie dann jemand besuchen will oder nicht, ist die Entscheidung der Lernenden.
Bei der Befragung der Lernenden anschiessend an die Präsentation von Roger Hehli berichteten sie, dass die BMS und die Berufsfachschule nicht besonders gut koordiniert ist und der Stoff oftmals nicht aufeinander abgestimmt wird. Auch betonten sie, dass der Berufsfachschule viel praxisbezogener ist, als die BMS, wobei die BMS vor allem einer guten Allgemeinbildung dient und komplexeren Stoff aufgreift (z.B. in Mathe) als die Berufsfachschule. Diesen Eindruck erhielt auch bereits bei dem Interview mit einer Lernenden der ZKB (1. Lernjob). Verknüpfungen zwischen der BMS und dem Beruf müssen die Lernenden selber herstellen können und sind meist nicht direkt erkennbar.

FLIRT (Flinker Leichter Innovativer Regional Triebzug), Quelle: http://www.stadlerrail.com/de/fahrzeuge/flirt/